Jede Führungskraft ist in ihrer Laufbahn als Vorgesetzter des öfteren mit Krisen- und Trauersituationen von Mitarbeitern konfrontiert.

Nicht nur der Tod eines Mitarbeiters, auch eine Scheidung, ein Hausbrand, der Verlust eines Arbeitsplatzes, eine schwere und bedrohliche Krankheit und noch viele Situationen mehr können Trauer auslösen. Denn Trauer ist die natürliche Reaktion auf einen Verlust. Mit diesem Wissen können Führungskräfte auch nach kurzer Laufbahn bald einige Erlebnisse erzählen. Trotzdem spielen die Krisen- und Trauersituationen weder in Fortbildungen noch in Ausbildungen eine Rolle. Auch in der Literatur zur Unternehmensführung finden sich nur vereinzelte, kleine Einträge. Aufgrund dieser mangelnden Vorbereitung sind Führungskräfte häufig bei Todesfällen und anderen persönlichen Krisen von Mitarbeitern überfordert. 

„Über den Wind können wir nicht bestimmen, aber wir können die Segel richten.“
(Die Wikinger)

Natürlich kommt die Ausnahmesituation dazu. Trotzdem ist eine angstfreiere Begegnung durch die Auseinandersetzung mit dem Thema und durch Schulungen möglich.

Mitarbeiter beobachten die Handlungen der Führungskräfte in schwierigen Situationen genau. Dabei bewerten sie, ob die Führungskraft die Situation würdig und respektvoll behandelt, Sicherheit und Trost für die Mitarbeiter oder Mannschaft stiftet und die notwendige Empathie an den Tag legt. Ob Unternehmen nur an der Arbeitskraft oder an der Person Interesse zeigen.

  • In Seminaren wird ein Wissen über Krisen- und Trauerverläufe vermittelt. Schon das bringt eine Erleichterung, denn es wird mit vielen Mythen aufgeräumt.
  • Die Auseinandersetzung mit Erfahrungen aus dem eigenen beruflichen Kontext können durch die Reflexion Sicherheit für die Zukunft geben.
  • Ein Krisen-Prozessplan kann individuell an eine Unternehmensstruktur angepasst werden und gibt Halt in der Unsicherheit.
  • Das Hinzuziehen eines externen Experten ermöglicht die optimale Betreuung der Mitarbeiter sowie die Minimierung der negativen Auswirkungen auf das Unternehmen.

Was bringt es, wenn sich Führungskräfte mit den Krisen- und Trauersituationen der Mitarbeiter auseinandersetzen?

Betriebliche Krisen- und Trauerbegleitung ist ein wichtiges Werkzeug des modernen Gesundheits- und Personalmanagements. Stellt sich ein Betrieb den Krisen- und Trauersituationen der Mitarbeiterr, so kann das unter anderem  folgende Nutzen haben:

Verringerung der Prozesskosten durch Strukturierung des Ablaufs

Weil die Personalabteilung und die Führungskräfte wissen, was wann zu tun ist. Wer welche Informationen braucht, ob es Hilfe von außen braucht und wo diese zu finden ist.

Höhere Produktivität und Arbeitsqualität durch Reduzierung von Stress und Belastung

Krisen- und Trauersituationen sind an sich immer große Stresssituationen. Von diesem Stress sind nicht nur die unmittelbar Betroffenen gefangen, sondern auch deren Kollegen. Stirbt zum Beispiel der junge Mann einer Arbeitskollegin und lässt kleine Kinder zurück oder ein Mitarbeiter kommt plötzlich in die Situation, seine tödlich kranke Frau pflegen zu müssen oder … es gibt unzählige Beispiele dafür. Dann sind auch die anderen nahen Mitarbeiter mit betroffen. Die Angst, was wäre, wenn das mein Leben wäre, wird auf einmal konkret. Die Freundschaft zu dem Kollegen verändert sich. Die Arbeitsleistung, die diese junge Witwe oder der pflegende Mann nicht mehr in vollem Ausmaß leisten kann, verteilt sich auf den anderen Mitarbeitenden.

Geringere Fehlzeiten und Mitarbeiterfluktuation

Auch wenn es eine Auszeit nach oder in einer Krisensituation geben kann, hilft die Klarheit, wie das in diesem individuellen Fall geregelt wird dem betroffenen Mitarbeiter, den anderen Kollegen und auch den Führungskräften und der Personalabteilung. Mitarbeiter fühlen sich wertgeschätzt und eingebunden in ein stimmiges Ganzes.

Stabilisierung von Teams ohne Führungskräfte

Ist eine Führungskraft gestorben oder in einer Krise, kann nicht immer die nächste Führungskraft übernehmen. Diese Person ist wahrscheinlich ebenso betroffen. So kann externe Hilfe angefordert werden.

Beseitigung von schwelenden Systemkonflikten

Alte Konflikte, die bisher unter dem Teppich schlummerten können durch Überbelastung eskalieren. Krisen sind immer Überbelastungen. Die Menschen sind dünn häutiger und verletzlicher.

Belastende Schuldfragen bei Arbeitsunfällen und Suizid

Auch wenn die Schuld nicht rational erklärbar ist, so können Schuldgefühle da sein. Diese zu bearbeiten und ernst zu nehmen, kann für die betroffenen Menschen sehr hilfreich sein.

Steigerung der Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen

Mitarbeiter beobachten den Umgang ihres Unternehmens in schweren Zeiten sehr genau. Denn es könnte auch sie einmal treffen. Die Achtsamkeit und Empathie im Umgang mit den Mitarbeitern ist ein wichtiger Bestandteil der Mitarbeiterbindung. Wie wichtig Onboarding oder Willkommens Kultur ist, ist mittlerweile weithin bekannt. Ebenso wichtig ist das Begleiten in schweren Situationen.

Schaffung stärkerer und verbundener Teams

Kein Outdoor-Event bindet ein Team so aneinander, als eine Krise, die miteinander durchlebt und überstanden wurde. Das geht nur dann, wenn die Mitarbeiter in dieser Zeit ernst genommen werden, wenn eine Struktur gegeben wird und wenn nach Bedarf auch externe Begleitung möglich ist.

Steigerung der emotionalen Kompetenz

Nicht nur Führungskräfte sondern alle betroffenen Mitarbeiter erleben einen Umgang mit Gefühlen trotz sachlicher Arbeitswelt. Emotionale Kompetenz ist nicht kognitiv erlernbar sondern in Situationen erleb- und dadurch lernbar.

Steigerung der Kooperationsfähigkeit von Mitarbeitern

Um so offener mit Handlungsweisen umgegangen wird, um so effektiver arbeiten Menschen zusammen und die Willkür-Vermutung sinkt.

Steigerung der Identifikation mit dem Unternehmen

Ein Unternehmen, in dem der Mensch auch dann noch wertvoll ist, wenn es ihm schlecht geht, das offen und ehrlich mit den Mitarbeitern umgeht, das Hilfe zur Verfügung stellt, das MICH als Menschen wahr nimmt – in diesem Unternehmen arbeitet der Mensch gerne und gibt seinerseits das Beste.

Passende Führung in schwierigen Situationen steigert die Bindung zwischen Mitarbeitern und der Führungskraft

Sich kennen lernen, sich vertrauen, sich zutrauen und sich anvertrauen, das kann in schwierigen Situationen gelernt werden. Von der Führungskraft die Bestätigung zu bekommen, “Wir sind für dich da!” UND das dann auch erleben zu dürfen, steigert nicht nur die Bindung zum Unternehmen sondern auch zwischen Mitarbeiter und Führungskraft.

Schaffung einer nachhaltigen Unternehmenskultur

Nachhaltigkeit – ein viel verwendetes Wort, in dem es um Ressourcen geht. Ressourcenorientiert zu arbeiten bezieht sich nicht nur auf Werkstoffe und Energie, sondern auch auf die Mitarbeiter-Kultur. In Krisen- und Trauersituationen ist es wichtig, auf verschiedenste Ressourcen zurück greifen zu können. Eine davon ist die Arbeitsstelle.

 

Ich wünsche allen Menschen in Krisen- und Trauersituationen, dass sie in einem Unternehmen arbeiten dürfen, in dem die Offenheit für den Menschen da ist. Und ich wünsche den Unternehmen, dass sie Mitarbeiter haben, die diese Offenheit zu schätzen und würdigen wissen.

Astrid Bechter-Boss

 

 

28/12/2018
Astrid Bechter-Boss
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