Dieser Presseartikel entstand in Zusammenarbeit mit einem internationalen Expert:innen-Team zum Thema “Trauer am Arbeitsplatz” und wurde durch die Zahlen für Österreich angepasst. 

 

Am 16. März 2021 jährte sich der Tag des ersten Lockdowns in Österreich. Die aufgrund von Corona notwendig getroffenen Maßnahmen zur Ein­däm­mung der Pandemi haben den Berufsalltag für viele Arbeitgeber:innen und deren Mitarbeitenden massiv verändert. Sie haben aktuell mit Mehr­fach­verlusten u. a. durch Kurzarbeit, Homeoffice oder auch mit Zukunftsängsten zu kämpfen. Es fehlen nicht nur die sozialen Kontakte und Einkommen. Auch Stun­den, in denen Menschen aktiv einer sie erfüllenden, sinnhaften Aufga­be nachgehen können. Erwerbstätige haben durch  den Tod Angehörige verloren, auch mit und an Corona. Darum haben Unternehmen trauernde Mitarbeiter:innen in ihren Teams. Die Pandemie hat zu Verlusten geführt, die nicht immer rückgängig gemacht werden können. Menschen in Österreich und Deutschland sind in Trauer oder in Schockstarre aus Angst vor dem was kommt.

Trauer

Menschen in Trauer entwickeln nicht nur durch Corona Scham- und Schuldgefühle aufgrund drohender Stigmatisierung und Schuldzuweisungen. Ängste und Verunsicherung, die mit Abschied und Verlust verbunden sind, werden durch die Ängste und Unsicherheiten der Pandemie verstärkt. Existentielle Ängste (z.B. um den Arbeitsplatz) betreffen große Bevölkerungsgruppen und stürzen viele in eine wirtschaftliche und emotionale Krise.

Trauer braucht Nähe, Gemeinschaft und andere Menschen. Soziale Distanziertheit, so notwendig sie aktuell ist, verhindert, dass trauernde Menschen Unterstützung finden.  Trauer braucht Kultur. Sie braucht ein Gesicht. Trauer braucht einen sichtbaren Platz in unserer Gesellschaft, aktuell mehr denn je. Damit Menschen trauern dürfen und können. Trauer gehört zum Leben. Und eine Trauer, die keine Gestaltungsmöglichkeit und keine Resonanz findet, kann krank machen.

Der Tod eines Familienmitgliedes oder eines eng vertrauten Menschen stürzt die meisten  Menschen in einen bisher nicht gekannten und stark belastenden Ausnahmezustand. Schlafstörungen, Antriebsschwäche, Appetitlosigkeit, depressive Stimmungen, bis hin zu suizidalen Gedanken sind normale Reaktionen auf den Tod einer nahestehenden Person oder einen anderen Verlust. Wenn keine angemessene Unterstützung angeboten wird, drohen auch angesichts der aktuellen Umstände, aus vielen Trauerverläufen manifeste psychische Störungen zu werden. Bei Arbeitnehmern*innen kann dieses zu langfristigen Krankschreibungen und Fehlzeiten, sowie Präsentismus bis hin zur inneren Kündigung führen.

Bedeutung für Arbeitgeber

Einen besonderen Stellenwert haben hier die Arbeitgeber. Jährlich sterben in Österreich ca. 83.000 Menschen, die coronabedingte Übersterblichkeit nicht eingerechnet. Da mehr als 50 % der Österreicher zu den rund 4,4 Mio. Erwerbstätigen zählen, sind ca. 44.000 Beschäftigte von Trauer betroffen. Es wird angenommen, dass im Durchschnitt bei einem Trauerfall bis zu fünf Menschen akut betroffen sind. Jede:r 10. Erwerbstätige befindet sich demnach in einem akuten Trauerprozess im ersten Jahr. Aufgrund der Corona-Pandemie erreicht die Anzahl der von Trauer betroffenen Menschen ein historisches Ausmaß. Damit gewinnt das Thema „Trauer am Arbeitsplatz“ immer mehr an Bedeutung. Vor allem Führungskräfte haben einschlägigen Studien zufolge auf vielfältige Weise maßgeblichen Einfluss auf Befinden, Gesundheit und Motivation ihrer Mitarbeiter:innen. Umso wichtiger ist es, dass Führungskräfte sensibilisiert sind im Umgang mit trauernden Mitarbeitern:innen.

Trauermanagement

In einer Reihe von Unternehmen ist mittlerweile ein Trauermanagement implementiert. Bei einem Trauerfall wissen die Verantwortlichen, was zu tun ist, vom Kondolenzbrief bis hin zur übergangsweisen Aufgabenverteilung, der Betrieb muss zwingend weiterlaufen.  Aber oftmals fehlt es an Unterstützung für die Kollegen*innen. Sie alle wollen das Beste, sind selber jedoch unsicher und gehemmt. Das Team verfügt in der Regel nicht über die notwendige Kompetenz und Haltung zur angemessenen Begegnung und Zusammenarbeit mit dem*r trauenden Kollegen*in. Es ist ihnen nicht möglich, ein Gefühl der Verbundenheit und Zugehörigkeit zu vermitteln. Dabei gibt es vielfältige Möglichkeiten, Arbeitnehmern*innen genau an dieser Stelle zu unterstützen und für das gesamte Team den Stress zu reduzieren. Mittlerweile gibt es Experten*innen in Bezug auf das Thema „Trauer am Arbeitsplatz“. Diese beschäftigen sich professionell mit exakt diesem Thema und wissen um das enorme Potential, das ein präventives Trauermanagement auch betriebswirtschaftlich bietet.

Dazu gehen sie zu Mitarbeiterveranstaltungen, Betriebsversammlungen, nehmen temporär teil an Bereichsworkshops und jour fixen um dieses Thema zu platzieren. Im Rahmen von zum Teil mit einer Portion Leichtigkeit gespickten Vorträgen geben die Experten:innen den Beschäftigten Sicherheit im Umgang mit den Themen Tod und Trauer. Sie nehmen ihnen die Unsicherheit oder gar Hemmungen in der Begegnung mit Trauernden. Trauer – ein Thema, das jeden Einzelnen betrifft – irgendwann, ungewollt und ungeplant. Zunehmend werden Workshops für Mitarbeiter:innen zum richtigen Umgang mit Verlust und Trauer, Führungskräfteworkshops und die Implementierung eines Trauermanagements gebucht. Diese Experten:innen sind auch geschult in Akutintervention sowie in der Begleitung von Teams und Einzelpersonen. Deren Botschaft ist es, das Thema präventiv aufzunehmen.

Unterstützung

Trauer und Tod werden in unserer Gesellschaft gerne gemieden. Die Corona-Pandemie zeigt sehr deutlich, dass der Tod und die Trauer in ihrer gesamten Vielfältigkeit zum Leben dazugehören. Erst 2007 wurden von der damaligen Bundesarbeitsgemeinschaft Trauerbegleitung gemeinsame fachliche Standards für Qualifizierungen in Trauerbegleitung formuliert. Es gibt eine Gruppe von Experten:innen, die Unternehmen und Arbeitgebern mit ihrer Expertise in Bezug auf Trauer allgemein und speziell auf die Trauer am Arbeitsplatz unterstützen.

Zu dieser Gruppe von Expert:innen gehört auch Astrid Bechter-Boss mit Lebenskreise.

 

23/03/2021
Astrid Bechter-Boss
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