Wer braucht Trauerbegleitung? Was hilft das überhaupt? Warum soll ich mir das antun, da immer darüber zu reden? Wie soll ich mir das vorstellen? Das sind Fragen, die sich Menschen stellen, wenn sie sich damit auseinandersetzen, ob eine Trauerbegleitung für sie in Frage kommt.
In diesen Ansichten möchte ich mit der Unterstützung einer Bildgeschichte darauf eingehen. Ein Klient schenkte mir diese Bilder beim Abschlussgespräch und erzählte dazu, was sie für ihn bedeuten und was die Trauerbegleitung für ihn bedeutet (hat).

Wenn eine Begleitung zu Ende geht, ist das für beide Seiten ein Abschied. Für mich schwingt immer Wehmut mit. Ein Mensch, der mir vertraut wurde, der sich mir anvertraut hatte und den ich wöchentlich bzw. 14-tägig traf, wird nicht mehr in meinem Kalender stehen und ich werde ihm in dieser Intensität nicht mehr begegnen. 

Und auf der anderen Seite fühle ich mich stolz und glücklich, ein Stück des Weges begleitet und auch angeleitet zu haben, damit ich jetzt voll Gewissheit sagen kann: "Jetzt schaffst du es alleine. Und wenn es wieder einmal schwierig werden sollte, weißt du wo du mich findest."

Die Begleitung von Wolfgang* begann vor nicht ganz einem Jahr. Ich bekam einen Anruf, in dem mir gesagt wurde: "Ich weiß nicht mehr weiter, ich brauche Hilfe." Wir vereinbarten zeitnah einen Termin, ich fuhr zu ihm nach Hause und es wurde schnell klar, was los ist. 

Es schien für ihn aussichtslos. Das Leben nicht mehr lebenswert. Die Arbeit sinnlos. Am Boden zerstört, durch den Tod der Frau, mit der er 2/3 seines Lebens verbrachte. Miteinander haben sie immer alles geschafft.

Schützend die Hand über dem Kopf. Die Hoffnung trotzdem nicht aufgegeben. So entschließt er sich, die Trauerbegleitung in Anspruch zu nehmen. Mit Sorge, was da kommen wird und dem Vertrauen und Wissen, es kann nur besser werden. 

Aufrappeln, erzählen, sich dem Schmerz stellen und mutig sein. 

Die ganze Kraft aufwenden, um ein bisschen hoch zu kommen. 

Mit den passenden Fragen ging das leichter.

Es wagen, den Blick zu heben. Immer noch verzweifelt und ein kleines bisschen gestärkt durch die Ahnung es könnte vielleicht ...

Erfahrung in der Trauerbegleitung bedeutet auch Hoffnung schenken zu können.

Etwas tun können, wieder etwas anderes sehen, als das eigene Leid und den Schmerz.

 Die Gefühle anschauen, sie wahr- und ernst nehmen. Sich ihrer bewusst werden und dadurch nicht mehr so ausgeliefert sein. 

Wieder stehen, sich bewegen können. Den Schmerz spüren und sich nicht mehr niederdrücken lassen. 

Eindrücke wieder zulassen und sich auseinandersetzen mit dem was war und dem was jetzt ist.

Es fühlte sich an, wie ein Rückschritt. Wieder in sich zu zerfallen, zweifeln, was soll das? Es ging doch schon besser. 

Um zu erleben, dass die "Löcher" weniger intensiv und weniger häufig werden. 

Das Vertrauen wächst, dass die Möglichkeit aus den tiefen Löchern herauszu-kommen, gegeben ist und es nicht mehr so aussichtslos und unendlich ist. 

Gibt es doch ein Leben nach deinem Tod für mich?

Ja, da gibt es wieder Freude, Lachen und Unbeschwertheit. 

Die Einsamkeit ist immer noch da. Sie zermürbt nicht mehr so stark. Ich habe gelernt mit ihr zurecht zu kommen. 

Und ich weiß, meine Frau ist in meinem Herzen. 

Es wagen, den Schritt in das lebenswerte Leben gehen. 

Mit dem verstorbenen, geliebten Menschen verbunden und auch sicher und freudig im neuen Leben. 

Das Leben, das zuerst nicht gewollt wurde annehmen und willkommen heißen. 

Das ist das Ziel. 

Die Sonne genießen, das Leben genießen.

Das Leben leben.

Mit dem Wissen, dass es wieder stürmische Zeiten geben kann und dem Vertrauen, dass die Sonne wieder kommt. 

Ich danke dir, lieber Wolfgang* für diese eindrücklichen Bilder und all das, an dem ich Anteil haben durfte. Auf den Weg, den ich ein Stück mit dir gehen durfte.

Ich bin sicher, dass du den weiteren Weg ohne mich schaffst - und als Sicherheitsnetz bin ich da. 

*Name wurde geändert.

21/03/2023
Astrid Bechter-Boss
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